Porsche Automobil Holding SE Analyse

Das umkämpfte und lukrative Erbe

der Familiendynastie Porsche & Piëch

 

ISIN: DE000PAH0038
Datum: 27.09.2022
Aktienanzahl: 306.250.000
Aktienkurs: 70 €
Marktkapitalisierung: 21,4 Mrd. €

 

Kurz und knapp

Am Saum. Durch ein Investment in die Porsche Holding können Privatanleger 1:1 an den Aktivitäten einer der einflussreichsten Familiendynastien partizipieren. Privilegierte Sonder-rechte, Wissen und Netzwerk des Familienclans kommen allen Aktionären zugute. Hohe jährliche Ausschüttungen bescheren regelmäßig eine Dividendenrendite zwischen 3 und 5 %.

Trigger IPO. Der nun kurz bevorstehende IPO des Autobauers Porsche ist ein Ereignis mit weitreichenden Auswirkungen. Neben der Bewertungsfantasie bei VW kann die Porsche Holding ein Stammaktienpaket für einen Aufschlag von nur 7,5 % erwerben. Daraus resultiert mit hoher Wahrscheinlichkeit eine stille Reserve in Milliardenhöhe.

Erst der Anfang. Die Porsche Holding wird an der Börse mit einem Discount von 29 % auf den NAV gehandelt. Der Porsche-IPO könnte der erste Schritt zur sukzessiven Auflösung des Bewertungsabschlags sein.

 

Vision

„Die Investitionsstrategie der Porsche Holding zielt auf die nachhaltige Wertschaffung für ihre Aktionäre. Diese orientiert sich an der Wertsteigerung des verwalteten Vermögens sowie an den Dividendenausschüttungen.“

 

Aktienkurs in €

 

Unternehmensgeschichte

Gründungsjahre (1931–1971)

Am 25. April 1931 gründet Ferdinand Porsche ein Konstruktionsbüro in Stuttgart, das nach 1945 in einer Automobilfabrik aufgeht. Im Jahr 1951 stirbt der Gründer und hinterlässt seinen beiden Kindern Ferry Porsche und Louise, angeheiratete Piëch, zu jeweils einer Hälfte sein Lebenswerk. Sowohl als begnadeter Ingenieur als auch Unternehmer führt Ferry Porsche die Automarke in den folgenden Jahrzehnten zu ihrer wahren Größe.

Kampf um die Macht (1972–1982)

Im Jahr 1972 arbeitet der Großteil der Enkel in leitenden Funktionen im Unternehmen. Dabei kommt es immer wieder zu Familienfehden um die Macht. Nach einem besonders hart umkämpften Jahr beschließen Ferry und Louise, dass fortan keine Familienmitglieder mehr in leitenden Funktionen bei Porsche tätig sein dürfen. Die Kinder verlassen die Firma.

1982 kommt es zu einem Eklat. Ernst Piëch, der älteste der Piëch-Brüder, wendet sich an arabische Ölscheichs und stellt seine Anteile zum Verkauf. Die Familien bekommen Wind von der Sache und kaufen die Aktien vorrangig ab. Dies führt jedoch zu einem Ungleichgewicht der Machtverhältnisse. Da die Piëchs nicht genügend Geld aufbringen können, übernehmen die Porsches einen Teil des Aktienpaketes und halten fortan die Mehrheit.

Börsengang und Krise (1984–2004)

Im Jahr 1984 kommt es zum Börsengang der Vorzugsaktien. Der Emissionspreis liegt bei 780 DM und springt bei Eröffnung bis auf 1.020 DM hoch. Doch es folgen schwierige Jahre. Anfang der 90er schreibt Porsche hohe Verluste in dreistelliger Millionenhöhe.

Die Wende kommt mit dem neuen CEO Wendelin Wiedeking, welcher den Autobauer 1995 wieder in die Profitabilität führt. Unterdessen legt Ferdinand Piëch eine fulminante Karriere bei Volkswagen hin, von 1993 bis 2002 als CEO und danach bis 2015 als Aufsichtsratsvorsitzender.

Missglückte Übernahme (2005–2009)

Nach dem Erwerb von 30,9 % an der Volkswagen AG im Jahr 2007 gründen die Familien die heutige Porsche Holding, über welche nun indirekt der Autobauer Porsche gehalten wird. Bis 2008 werden weitere VW-Stammaktien hinzugekauft, die Absicht einer Übernahme mit Beherrschungsvertrag jedoch dementiert.

Doch dann kommt es am 26. Oktober 2008 zu einem schicksalsträchtigen Tag. Die Porsche Holding verkündet, 42,6 % der VW-Stammaktien zu halten sowie über Kaufoptionen auf weitere 31,5 % zu verfügen. Im Widerspruch zu vorherigen Aussagen streben die Familien bei VW nun doch eine Dreiviertelmehrheit mit dem Abschluss eines Beherrschungsvertrags an. Dies führt zu dem berüchtigten Short Squeeze bei den VW-Stammaktien, deren Kurs sich kurzerhand verfünffacht. Grund hierfür sind Hedgefonds, die zuvor stark auf fallende Kurse bei VW gewettet hatten. Schlussendlich muss die Porsche Holding die Übernahme 2009 abblasen. (Chart rechts zeigt das Ausmaß des Short-Squeeze der VW-Stammaktien 2008.)

Verlust des Autobauers (2009–2012)

Da die Kaufoptionen größtenteils auf Kredit finanziert waren, gerät die Porsche Holding in den Nachwehen der Finanzkrise selbst in Existenznot. Um eine Insolvenz zu vermeiden, werden zunächst 10 % der Stammaktien an die Herrschaftsfamilie von Katar verkauft.

Doch das reicht nicht. Bis 2011 wird eine Verschmelzung der Porsche Holding auf VW angestrebt. Als dies jedoch nicht gelingt, verkaufen die Familien den Autobauer Porsche an VW – zunächst 49,9 % im Jahr 2019 und dann 50,1 % im Jahr 2012. Damit haben die Familien Porsche und Piëch die direkte Kontrolle über das Lebenswerk ihres Großvaters verloren.

Jüngste Entwicklungen (2013–2022)

Nach dem Notverkauf des Autobauers an VW berappelt sich die Porsche Holding in den Folgejahren wieder. Im Jahr 2014 beginnt die Beteiligungsgesellschaft, auch im Bereich Private-Equity am Markt aufzutreten. Erste Beteiligung ist der US-amerikanische Verkehrsdatenanbieter INRIX. Darauf folgen bis heute sieben weitere Zukäufe.

Im Februar 2022 verkündet VW, einen Börsengang der Porsche AG zu prüfen. Im Nachgang zum Teil-IPO soll die Porsche Holding die Möglichkeit bekommen, 25 % + 1 Aktie der Porsche-Stämme zu erwerben – ein historisches Ereignis für die Familiendynastie steht damit kurz bevor.

Heute

Die Porsche Automobil Holding SE ist eine Beteiligungs- und Private-Equity-Gesellschaft mit Fokus auf Mobilitäts- und Industrietechnologie. Der größte Vermögensgegenstand ist die Beteiligung an der Volkswagen AG in Höhe von 31,9 % des gezeichneten Kapitals. Darüber hinaus bestehen acht Minderheitsbeteiligungen an Technologieunternehmen. Die Holding selbst hat lediglich 35 Mitarbeiter, die sich um das Beteiligungsgeschäft kümmern. Firmensitz ist am Porscheplatz 1 in Stuttgart. Das Grundkapital ist zu jeweils 50 % in Stamm- und Vorzugsaktien unterteilt. Die Stämme liegen ausnahmslos bei den Familien Porsche und Piëch.

Aktionärsstruktur Stand Juli 2022

Geschäftstätigkeit

a) Kernbeteiligungen

Die Porsche Holding untergliedert ihre Aktivitäten in die Segmente Kernbeteiligungen und Portfoliobeteiligungen. Zum Bereich Kernbeteiligungen zählt bisher nur die Beteiligung an der Volkswagen AG. Nach einem möglichen IPO der Porsche AG und dem anvisierten Erwerb von 25 % + 1 Stammaktie würde dies die zweite langfristige Kernbeteiligung werden. Für den Erfolg oder Misserfolg ist vor allem die Entwicklung des VW-Konzerns maßgeblich.

b) Portfoliobeteiligungen

Für das Private-Equity-Geschäft hat sich die Porsche Holding folgende Vorgaben gesetzt: Schwerpunktmäßig werden Minderheitsbeteiligungen an Technologieunternehmen mit Beteiligungshöhen zwischen 1 und 3 % eingegangen. Die Beteiligungen werden auf Zeit gehalten. Ein Ausstieg erfolgt bei einer gewissen Größe und Eigenständigkeit des Portfoliounternehmens, exemplarisch im Zuge eines Börsengangs. Angestrebt wird ein jährliches Neuinvestitionsvolumen im zweistelligen Millionenbereich.

PTV Planung Transport Verkehr AG. Die Ausgründung der Technischen Universität Karlsruhe ist das wertvollste Portfoliounternehmen. In über 2.500 Städten werden Verkehrsflüsse analysiert und Softwarelösungen und Beratungsdienste für Transportlogistik und Verkehrsplanung angeboten. Im August 2017 erwarb die Porsche Holding rund 97 % der Anteile zu einem Kauf-preis von 300 Mio. Euro. Im Jahr 2021 wurde ein Umsatz von 117 Mio. Euro und ein operatives Ergebnis von 5,3 Mio. Euro erzielt. Anfang 2022 verkaufte die Porsche Holding 60 % der Anteile zu einer Bewertung von 400 Mio. Euro an den Private-Equity-Akteur Bridgepoint. Mit gemeinsamer Kraft soll der globale Markt für Verkehrslösungen nun konsolidiert werden. In einem ersten Schritt wurde hierfür der US-amerikanische Konkurrent Econolite zu 100 % übernommen und mit PTV unter einem neuen Dach verschmolzen.

INRIX, Inc. Der globale Anbieter von Echtzeit-Verkehrsdaten wurde 2004 gegründet. Die Porsche Holding stieg im Jahr 2014 mit einer Beteiligung von 11,6 % zu einer Bewertung von 500 Mio. Euro ein. Seitdem wurden mehrere Übernahmen vollzogen. Im Rahmen dieser Analyse wurde schätzungsweise eine gleichbleibende Bewertung von 500 Mio. Euro unterstellt.

Markforged. Die US-Amerikaner stellen 3D-Drucklösungen – von Kuntstoff bis Metalldruck – für industrielle Anwender her. Mittlerweile ist Markforged in mehr als 70 Ländern tätig. Die Porsche Holding stieg im Jahr 2017 mit 2 % ein. Im letzten Jahr kam es zum IPO, in dessen Folge die Marktkapitalisierung auf über 2 Mrd. Euro kletterte. Nach einem starken Kursverfall liegt die Bewertung aktuell aber nur noch bei rund 430 Mio. Euro.

AEVA. Ein großer Erfolg für die Holding war die Investition in AEVA, ein Start-up für autonomes Fahren. 2018 wurden grob 3 % erworben. Im letzten Jahr kam es zum IPO und die Bewertung stieg in der Spitze auf über 4 Mrd. Euro an. Die Porsche Holding machte clever Kasse und verkaufte schätzungsweise 2 % für 51 Mio. Euro. Wie auch bei Markforged ist die Bewertung seitdem aber stark eingebrochen und liegt nur noch bei 550 Mio. Euro.

Seurat, Isar Aerospace, proteanTecs & Aurora Labs.
Die sonstigen Beteiligungen sind allesamt sehr frühphasig und die Porsche Holding hält lediglich geringe Beteiligungsquoten zwischen 1 und 3 %. Neue Finanzierungsrunden sind nicht bekannt, weswegen analog zur Marktentwicklung sogar eher von niedrigeren Bewertungen ausgegangen werden kann.

Fazit. In Relation zum 27 Mrd. Euro schweren VW-Aktienpaket spielen die Portfoliounternehmen mit einer Bewertung von insgesamt rund 248 Mio. Euro eine stark vernachlässigbare Rolle. Zudem wurden die meisten entweder noch vor der aktuellen Marktschwäche frisch refinanziert oder es tut sich bewertungstechnisch seit Jahren nichts. Aufgrund der sehr geringen Anteils-quoten – mit Ausnahme von PTV und INRIX – dürften aber selbst bei großen Durchbrüchen die Auswirkungen auf die Holding überschaubar bleiben.

Sonderkomplex Porsche-IPO

Vorbereitung. Bereits seit Jahren spekuliert die Börse auf einen Teil-IPO der Porsche AG. Vorangetrieben wird dieser vor allem durch die Familien Porsche und Piëch, welche die direkte Kontrolle mittels einer Sperrminorität begehren. Aber auch die Arbeitnehmerseite wurde früh überzeugt und auf die Seite der Familien gezogen. Am Ende sollen alle profitieren: VW durch eine Hebung von Werten und frisches Geld zur Bewältigung der E-Transformation, die Porsche AG durch eine eigenständige und kapital- marktfähige Aufstellung und die Familien durch die Erlangung der direkten Kontrolle.

Börsengang. Im Vorlauf zum IPO wurde das Grund- kapital der Porsche AG in 50 % Stammaktien und 50 % Vorzugsaktien unterteilt. Von den Vorzugs- aktien sollen nun 25 % an der Börse platziert werden, konkret 113.875.000 Vorzugsaktien in der Spanne 76,50 bis 82,50 Euro. Damit wird der Autobauer unter Berücksichtigung der 7,5 % höher bewerteten Stammaktien in einer Spanne zwischen 72,4 und 78,0 Mrd. Euro bewertet. Bei einem Platzie- rungskurs von 80 Euro würde VW ein Bruttoerlös von 9,11 Mrd. Euro zufließen. Als erster Handelstag wurde der 29. September festgelegt.

Erwerb Stammaktien. Nach Platzierung erwirbt die Porsche Holding laut geschlossenem Kaufvertrag von den Stammaktien in einer ersten Tranche 17,5 % + 1 Stammaktie mit einem Auf- schlag von 7,5 %. Bei einem Kurs von 80 Euro würde der Kauf-preis folglich bei 6,86 Mrd. Euro liegen. Von den nun einge- sammelten 15,96 Mrd. Euro schüttet VW an seine Aktionäre 49 %, sprich 7,82 Mrd. Euro – eine Dividende von 15,6 Euro je Aktie – aus. Davon landen bei der Porsche Holding ge- mäß dem Anteil von 31,9 % dann 2,49 Mrd. Euro. Im Anschluss erwirbt die Porsche Holding dann die zweite Tranche von 7,5 % für 2,94 Mrd. Euro und hält schlussendlich 25 % + 1 Stammaktie.

Die Grafik stellt die nach der gesamten Transaktion erreichte Anteilsstruktur bei der Porsche AG dar. Rund 75 % des Autobauers würden weiterhin Volkswagen gehören, 12,5 % privaten und institutionellen Anlegern und 12,5 % der Porsche Holding. Mit dem Stammaktienpaket hätte die Porsche Holding die ersehnte Sperrminorität. Wesentliche Entscheidungen mit der Voraussetzung einer Dreiviertelmehrheit würden folglich nicht mehr ohne Zustimmung der Familien Porsche und Piëch zustande kommen.

Auch die Finanzierung des Stammaktienpakets durch die Porsche Holding steht entsprechend des ausgeklügelten Deals fest. Die erste Tranche in Höhe von 7,82 Mrd. Euro wird fremdfinanziert, die zweite Tranche in Höhe von 2,94 Mrd. Euro kann dann beinahe vollständig durch die Sonderdividende von 2,49 Mrd. Euro beglichen werden, der restliche Betrag durch die liquiden Mittel. Übrig bleiben vorerst grob 7 Mrd. Euro an Finanzschulden stehen.

Corporate Governance

a) Vorstand

Zusammensetzung. Die Vorstände Pötsch, Meschke und Döss sitzen zugleich allesamt an Schlüsselstellen im VW-Konzern. Pötsch fungiert bei VW als Aufsichtsratsvorsitzender. Döss agiert bei VW als Vorstand für Recht und Integrität und Meschke als Vorstand für Finanzen und IT sowie stellvertretender Vorstandsvorsitzender bei der Porsche AG. Vom VW-Konzern weitestgehend unabhängig ist lediglich Johannes Lattwein, der nur bei der Porsche Financial Services im Aufsichtsrat vertreten ist.

Die Größe des Vorstands scheint für eine Beteiligungsholding überzogen. Ein zweiköpfiger Vorstand würde vollkommen ausreichen – umso mehr, da Döss bei VW und Meschke bei Porsche jeweils operativ im Vorstand eingespannt sind. Es scheint daher schier unmöglich, dass die beiden deutlich mehr als eine Handvoll Stunden pro Woche für ihre Tätigkeit bei der Porsche Holding übrig haben. Damit verkommen deren Vorstandssitze zu Scheinmandaten.

Vergütung. Die Gesamtbezüge des Vorstands liegen bei 3 Mio. Euro. Angesichts des bei Meschke und Döss stark eingeschränkten zeitlichen Aufwands scheint eine Vergütung pro Kopf von 750 TEUR nicht gerechtfertigt. Zur eigenen Rechtfertigung der Höhe verweist die Porsche Holding auf andere große Beteiligungsgesellschaften. Diese unterscheiden sich aber immens von der Porsche Holding, die wertmäßig zu 95 % das VW-Stammaktienpaket hält und einen Vorstand hat, der operativ und damit zeitmäßig ganz woanders eingespannt ist. Es wird seitens der SdK angeregt, dass der Vorstand entweder auf zwei Mitglieder verkleinert oder die Bezüge gekürzt werden.

b) Aufsichtsrat

Zusammensetzung. Der Aufsichtsrat besteht aus zehn Mitgliedern, wovon lediglich vier als tatsächlich unabhängig einzustufen sind. Die sechs Familiensitze sind gleichermaßen auf die Familien Porsche und Piëch verteilt. Josef Ahorner ist nämlich der Ehemann von Louise Dasser-Piëch, der Enkelin von Ferdinand Porsche. Auffällig ist die mannigfaltige Vernetzung der Familien, so sitzen Dr. Wolfgang Porsche und Dr. Hans Michel Piëch unter anderem auch bei VW, Audi und Porsche im Aufsichtsrat.

Vergütung. Die Bezüge für den Aufsichtsrat liegen insgesamt bei 1,15 Mio. Euro und wirken damit, wie auch die Vorstandsvergütung, deutlich überzogen. Auch hier ist anzumerken, dass solche Vergütungszahlungen bei einer Beteiligungsholding mit keinem operativen Geschäft und überwiegend dem Halten eines einzigen Vermögenswerts nicht angemessen sind.

c) Transparenz

Die Aktie der Porsche Holding gehört dem DAX-40 an und erfüllt damit die in Deutschland höchsten geltenden Transparenz-anforderungen, darunter einen fortlaufenden Handel auf XETRA, bestimmte Vorschriften des Deutschen Corporate Governance Kodexes sowie eine quartalsweise Berichterstattung. Auf XETRA können taggleich in der Regel ohne Probleme hohe Volumina in einstelliger Millionenhöhe gehandelt werden.

d) Gewinnverwendung

In Sachen Gewinnverwendung lassen sich die Familien Porsche und Piëch wahrlich nicht lumpen. Allein seit 2011 wurden in Summe 20,25 Euro je Aktie an die Anteilseigner ausgeschüttet. Wer damals investierte, bei dem ist sein eingesetztes Kapital größtenteils bereits wieder durch Dividenden zurückgeflossen.

Bei der Ausschüttung im Juni diesen Jahres bei einem Aktienkurs von 67 Euro lag die Dividendenrendite bei 3,8 %. Die Ausschüttung betrug nominal 676 Mio. Euro. In Relation zum Jahresüberschuss der SE lag die Ausschüttungsquote damit bei 82 %. Im Rahmen des Porsche-IPOs und des damit verbundenen Erwerbs von 25 % + 1 Stammaktie müssen an die 8 Mrd. Euro an Fremdkapital aufgenommen werden. Inwiefern sich die Tilgung der Finanzschulden auf die Ausschüttungspolitik auswirkt, ist noch unklar.

e) Abschlussprüfer

Auf der diesjährigen Hauptversammlung wurde EY zum Abschlussprüfer vorgeschlagen und durch die Familien gewählt. Die bei Wirecard festgestellten Prüfungsmängel offenbaren eine inakzeptable Prüfungspraxis bei EY. Den Abstimmungsrichtlinien der SdK nach steht somit auch die Wahl nicht im Einklang mit den Grundsätzen einer guten Corporate Governance.

f) Fazit Coporate Governance

Es gibt einige Defizite in Sachen Unternehmensführung, darunter die unverhältnismäßig hohe Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung, die diesjährige Wahl von EY als Abschlussprüfer sowie die mannigfaltigen Verflechtungen des Vorstands und der Familienmitglieder entlang des VW-Konzerns. Letzteres führt auch beim IPO der Porsche AG zu reichlich Interessenkonflikten. Besonders negativ ist zudem die Grundkapitalstruktur mit Unterteilung in Vorzugsaktien und Stammaktien und das daraus entstehende Machtvakuum zugunsten der Familien Porsche und Piëch und zulasten des Streubesitzes.

Bewertung

VW-Aktienpaket. Der mit weitem Abstand wertvollste Vermögensgegenstand der Porsche Holding ist das VW-Stammaktienpaket im Wert von 29,88 Mrd. Euro. Aus diesem Grund hängt auch der Erfolg der Porsche Holding übermäßig von der Entwicklung des VW-Konzerns ab. In dieser Analyse wird der VW-Konzern jedoch nicht separat analysiert und somit die Börsenbewertung als angemessen vorausgesetzt.

Sonstige Vermögenswerte. Wie auf Seite 8 ausführlich hergeleitet, wird der Wert der Portfoliounternehmen auf 248 Mio. Euro geschätzt. Die liquiden Mittel von 64 Mio. Euro sind so gering, da die Porsche Holding im zweiten Quartal 2022 den Großteil in VW-Vorzugsaktien angelegt hat. Dies erfolgte laut Management ausschließlich opportunistisch im Vorlauf des Porsche-IPOs. Im Rahmen des Erwerbs der zweiten Tranche an Porsche-Stammaktien sollen die VW-Vorzugsaktien wieder verkauft werden.

Klagen. Auf dem Papier besteht nach wie vor noch eine hohe Unsicherheit mit Blick auf die Klageverfahren. Seit der gescheiterten VW-Übernahme 2009 klagt zum einen eine Reihe von Hedgefonds auf 5,4 Mrd. Euro Schadensersatz. Diese Klagen wurden jedoch gerichtlich bereits in mehreren Instanzen abgewiesen und scheinen vollständig ins Leere zu laufen. Ein wenig anders sieht das bei den Diesel-Klagen im Gesamtvolumen von 1,1 Mrd. Euro aus. Hier wurden in Unterverfahren bisher Ansprüchen von rund 29 % stattgegeben. Dieser Prozentsatz wurde in dieser Analyse für den gesamten Streitwert angesetzt, woraus offene Ansprüche von 315 Mio. Euro resultieren.

 

Zwischenergebnis Bewertung

Bei Gegenüberstellung der Marktkapitalisierung zum berechneten NAV zeigt sich ein Abschlag von rund 29 %. Isoliert betrachtet stellt dies in Relation zu einem Direktinvestment in Volkswagen einen erheblichen bewertungstechnischen Vorteil dar. Im Vergleich zu anderen börsennotierten Holding-Gesellschaften ist ein Abschlag zum NAV jedoch gang und gäbe. Die folgende Grafik zeigt eine bunt gemischte Auswahl:

Tatsächlich schafft es in der Vergleichsgruppe ausschließlich Berkshire Hathaway, nicht nur keinen Abschlag auf den NAV auszuweisen, sondern sogar einen enormen Aufschlag. Dafür fällt bei anderen je nach Unternehmensführung der Abschlag deutlich stärker als bei der Porsche Holding aus. Am ähnlichsten lässt sich die Porsche Holding wohl mit Prosus vergleichen. 94 % der Vermögenswerte schlummern bei der südafrikanischen Holding in einer einzigen Aktie, nämlich der von Tencent. Dies kommt der Beteiligungsstruktur der Porsche Holding sehr nahe. Zudem liegt der Abschlag von Prosus auch in etwa im Mittel der Vergleichsgruppe.

Fazit Bewertung

Ohne den Porsche-IPO wäre ein Investment in die Porsche Holding eine klassische Holding-Alternative zur VW-Aktie. Durch den IPO können jedoch zwei weitere Bewertungsannahmen getroffen werden:

Werthaltigkeit Porsche-Stammaktien. Wie ausführlich dargestellt, erwirbt die Porsche Holding 25 % + 1 Stammaktie zu einem Aufschlag von lediglich 7,5 % auf den Emissionspreis der Porsche-Vorzugsaktien. Dies ist nicht unumstritten. In einem Gastbeitrag in der Börsenzeitung führen SdK-Vorstandsmitglied Dr. Marc Liebscher und Corporate-Governance-Experte Christian Strenger Gründe an, die für eine deutlich höhere Werthaltigkeit. Dabei wird zum einen auf den Aufschlag der VW-Stämme in Relation z

u den VW-Vozügen verwiesen, der derzeit bei 33 % liegt. Ferner wird argumentiert, dass es sich bei der Sperrminorität um eine „Schachtelprivilegposition“ handelt, für welche am Kapitalmarkt üblicherweise Aufschläge von 25 bis 50 % gezahlt werden müssen. Die Argumente scheinen durchaus schlüssig. Angenommen, die Stammaktien sind in Wirklichkeit 25 % mehr als die Vorzüge wert, würde dies eine nicht unwesentliche stille Reserve zugunsten der Porsche Holding in Höhe von 1,7 Mrd. Euro bewirken.

Auflösung Abschlag. Die eigenständige Börsennotierung der Porsche AG stellt ein historisches Ereignis dar. Erstmals seit mehr als einer Dekade besteht für die Familiendynastie die Möglichkeit, wieder direkt in das Lebenswerk des Urgroßvaters zu investieren. Dies könnte der Beginn weiterer Anpassungen der Beteiligungsverhältnisse darstellen. Eine Annahme ist, dass die Familien langfristig ihr Vermögen vom VW-Konzern zur Porsche AG umschichten, bevorzugt natürlich durch den Erwerb weiterer Stammaktien. In diesem Zuge könnte die Holdingstruktur möglicherweise sukzessive aufgelöst werden. Dies ist – unter anderem wegen der zahlreichen Klageverfahren –bisher jedoch noch in weiter Ferne und kann seriös nicht beziffert werden.

Risiken & Kritik

Klumpenrisiko. Was in einem guten konjunkturellen Umfeld zum Vorteil gereicht, kann in einem eingetrübten Marktumfeld auch zu Ungemach führen. Für den Aktionär der Porsche Holding entscheidet über Erfolg und Misserfolg die Entwicklung der deutschen Automobilindustrie in einer ohnehin disruptiven Transformation der Antriebe und der übermäßig an Bedeutung gewinnenden Software. Kurz: Wenn es mit dem VW-Konzern und insbesondere dem Autobauer Porsche den Bach runtergeht, schwimmen die Aktionäre der Porsche Holding gezwungenermaßen mit hinab.

Bewertungs-Downside. Im Rahmen der Bewertung des Porsche-IPOs wurde die Spekulation ausgeführt, dass das Porsche-Stammaktienpaket womöglich deutlich mehr wert als 7,5 % Aufschlag auf die Vorzugsaktien wert sein dürfte. Unter anderem spricht hierfür der Aufschlag von 33 % der VW-Stämme in Relation zu den VW-Vorzugsaktien. Dieser Schuh lässt sich auch aber natürlich auch andersrum drehen. Wenn dieser Aufschlag ungerechtfertigt ist und mittelfristig sich weitestgehend auflöst, könnte wiederum die Bewertung der Porsche Holding bei gleichbleibendem Holding-Abschlag ordentlich Federn lassen.

Teure Holding. Ein Holding-Abschlag ist insofern teilweise gerechtfertigt, als die Kosten der Holdingstruktur auf den Beteiligungsgewinn drücken. Im vorliegenden Falle handelt es sich um grob 15 Mio. Euro pro Jahr, die den Gewinn Jahr für Jahr schmälern. Auch wenn diese Kosten in der jüngsten Vergangenheit durch lukrative Teilverkäufe aus dem Beteiligungsportfolio finanziert werden konnten, besteht nach vorne gerichtet natürlich keine Garantie der Fortsetzung.

Dürftige Corporate Governance. Die Liste an Corporate-Governance-Mängeln ist bedrückend lang: ungesundes Machtvakuum aufgrund der Unterteilung in Stamm- und Vorzugsaktien, überzogene Managergehälter, ein fragwürdiger Abschlussprüfer sowie mannigfaltige Mandatsverflechtungen und daraus resultierende Interessenkonflikte. Die Dieselthematik hat in aller Härte offenbart, worin so etwas enden kann. In diesem Zusammenhang besteht auch das große Risiko, dass die Klageverfahren im Rahmen dieser Analyse falsch eingeschätzt wurden und es demnach zu deutlich höheren Schadensersatzforderungen kommen könnte.

Chancen & Lob

Einflussreiche Familiendynastie. Nur selten hat der einfache Privatanleger die Möglichkeit, sich über die Börse einfach und bequem in die Holding einer der einflussreichsten Familiendynastien einzukaufen – und das sogar zu einem signifikanten Discount auf die Marktwerte der einzelnen Vermögensgegenstände. Jährliche hohe Ausschüttungen bescheren stets satte Dividendenrenditen zwischen 3 und 5 %. Allein in den letzten elf Jahren wurden in Summe Dividenden von über 20 Euro ausgeschüttet.

IPO hebt Werte. Der Börsengang des einst an VW verlorenenen Familienerbstücks ist von Emotionen und Fantasie umwoben. Anhand der aktuellen Bewertung würde der bisher zu 100 % zur VW-Gruppe gehörende Autobauer fast genau so hoch bewertet werden wie der gesamte Mutterkonzern. Es spricht viel dafür, dass diese Neubewertung der VW-Aktie und damit mittelbar der Porsche Holding reichlich Auftrieb bescheren wird.

Lukratives Stammaktienpaket. Mit nur einem Aufschlag von 7,5 % darf die Porsche Holding ein 25-prozentiges Stammaktienpaket erwerben. Für solch strategische Ankerbeteiligungen stehen am Kapitalmarkt üblicherweise Übernahmeprämien von 25 bis 50 % auf der Tagesordnung. Dies untermauern die VW-Stammaktien selbst, die nämlich 33 % über den VW-Vorzugsaktien notieren. Der Ansatz höherer Werte für das Porsche-Stammaktienpaket würde zu stillen Reserven in Milliardenhöhe führen.

Stein kommt ins Rollen. Abseits der offensichtlichen Bewertungsvorteile stellt der IPO vor allem für die Familien Porsche und Piëch eine Zäsur dar. Rund eine Dekade nach Verlust des Familienerbstücks an VW besteht fortan wieder die Möglichkeit, sich direkt am Lebenswerk des Urgroßvaters zu beteiligen. Weitere potenzielle Veränderungen in der Beteiligungsstruktur könnten den Holding-Abschlag von 29 % sukzessive eliminieren.

Bonbon Private Equity. Mit den IPOs von AEVA und Markforged hat die Familiendynastie ihr gutes Näschen und Netzwerk im Bereich Private Equity bewiesen. Auch hier steht natürlich der Name hoch im Kurs – denn wer möchte schon nicht die Familien Porsche und Piëch mit an Bord haben. Auch wenn die ganz großen Durchbrüche ausbleiben sollten, ein nettes Beiwerk zur Finanzierung der Holdingkosten ist es allemal.

Quellen

Haftungsausschluss

Der Inhalt stellt eine journalistische Publikation dar. Sie dient ausschließlich Unterhaltungs- und Lernzwecken und stellt ausnahmslos zu jeder Zeit unsere persönliche Meinung und Einschätzung dar. Wir haben sorgfältig nach bestem Wissen und Gewissen recherchiert, können jedoch keine Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität der Inhalte übernehmen. Zudem wird darauf verwiesen, dass ausschließlich Informationen berücksichtigt wurden, die dem Autor zum Stand der Veröffentlichung bekannt gewesen sind. Die Informationen stellen ausdrücklich keine Anlageberatung und keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf irgendwelcher Finanzprodukte dar. Weiterhin handelt es sich zu keinem Zeitpunkt um eine Anlageberatung, Rechtsberatung, Steuerberatung oder irgendeine andere fachliche Beratung. Weder die SdK noch der Autor übernehmen eine Haftung für Schäden und Verluste, die auf fehlende oder falsche Informationen oder Nutzung bzw. Nichtnutzung der dargebotenen Informationen zurückzuführen sind. Jeder Anleger wird hiermit dazu aufgefordert, sich seine eigenen Gedanken zu machen, bevor eine Investitionsentscheidung getroffen wird. Risikohinweis: Die Investition in Finanzprodukte wie Wertpapiere, Anteile und Kredite ist mit hohen Risiken bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals verbunden. Der Inhalt richtet sich ausschließlich an Einwohner der Bundesrepublik Deutschland.

Autor: Reinhard Martius & Paul Petzelberger.
Transparenzhinweis: Reinhard Martius sowie die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanlager e.V. halten Aktien der Porsche Automobil Holding SE.