
13 Feb. Patrizia SE Update 13.02.2024
Durchhaltevermögen
könnte sich bezahlt machen
ISIN: DE000PAT1AG3
Datum: 13.02.2024
Aktienanzahl: 85.519.978
Aktienkurs: 7,4 Euro
Marktkapitalisierung: 633 Mio. Euro
Schwieriges Marktumfeld
Seit dem letzten Update von vor knapp einem Jahr am 25. Mai 2023 ist bei PATRIZIA kurstechnisch nicht viel passiert. Nach einer zunächst deutlichen Erholung auf nahe 11 Euro ging es dann wieder hinunter in die Kursregion von um die 8 Euro. Die Marktkapitalisierung von 633 Mio. Euro spiegelt nicht einmal mehr die substanziellen Vermögenswerte in Höhe von 704 Mio. Euro wieder (90 Mio. Euro Netto-Cash, 281 Mio. Euro Co-Investments und 333 Mio. Euro Gewinnansprüche).
Doch wer will es „der Börse“ verübeln. Die Sorge ist groß, dass auch PATRIZIA wie viele andere Wettbewerber in noch größere Schwierigkeiten geraten könnte. Zudem unterliegen selbstverständlich auch die genannten Co-Investments und Gewinnansprüche den Preisschwankungen des Marktes. Daher lohnt sich an dieser Stelle nochmal ein detaillierter Blick darauf.
Dawonia-Portfolio
Sowohl bei den Co-Investments als auch den voluminösen Gewinnansprüchen dreht sich fast alles um den Namen Dawonia. Die Ursprünge reichen in das Jahr 2013 zurück. Damals erhält PATRIZIA von der Bayern LB den Zuschlag für den Kauf der Dawonia, die einen Bestand an 32.000 Wohnungen umfasst. Gemeinsam mit Pensionskassen, Versicherern und Sparkassen stemmt Patrizia den Kaufpreis von 2,45 Mrd. Euro. PATRIZIA selbst beteiligt sich mit 58 Mio. Euro und übernimmt als Dienstleister die komplette Betreuung und Verwaltung.
Stand heute ist Dawonia mit 27.000 Wohnungen immer noch die größte Wohnungsgesellschaft Bayerns. Gut 80 % der Wohnungen liegen in besten Lagen in Nürnberg, Erlangen, Regensburg, Würzburg und vor allem München. Der ursprüngliche Investmenthorizont waren zehn Jahre, sprich 2023. Aufgrund der angespannten Marktlage beschloss PATRIZIA mit den 27 Investoren letztes Jahr jedoch eine weitere Verlängerung um vier Jahre. Bis dahin soll die Entscheidung über die Zukunft von Dawonia fallen. Üblicherweise gibt es in solchen Fällen verschiedene Exit-Möglichkeiten, von einem Komplettverkauf bis hin zu einer Umstrukturierung des Portfolios ist vieles denkbar.
Dawonia ist und bleibt ein wertvoller Joker für PATRIZIA. Bei Auflösung oder Verkauf wird die Gesellschaft mit 300-400 Mio. Euro an Geld überschwemmt werden, ein Ereignis, auf das sich zu warten lohnt.
In den Angriffsmodus übergegangen
Die für ein Immobilienunternehmen in der aktuellen Marktlage äußerst komfortable finanzielle Verfassung lässt Neu-CEO Dr. Asoka Wöhrmann nun sogar in den Angriffsmodus gehen. An der Seite der Kunden nimmt PATRIZIA antizyklisch wieder verstärkt eigenes Geld in die Hand, um die Fonds im schwierigen Marktumfeld schneller zur Investitionsreife zu führen. Und auch der Bereich Infrastruktur-Investments wird ausgebaut, jüngster Akquisitions-Coup: Atlantico, Italiens drittgrößter unabhängiger Betreiber von Straßenbeleuchtungen.
Der Deal ist ein Musterbeispiel für die clevere Gebührendiversifikation der letzten Jahre. Neben Immobilien entfallen mittlerweile bereits 16 % der Gebühren auf Infrastruktur-Investments. Mittelfristig erachtet das Management einen Anteil von 25 % für greifbar. Mit dem zunehmend proaktiven und antizyklischen Agieren unterstreicht Dr. Wöhrmann seine äußerst ambitionierten Ziele. Im Fokus steht PATRIZIA bestmöglich aufzustellen und auszurichten, an einem sich wieder stabilisierenden Marktumfeld direkt auf Anhieb ordentlich profitieren zu können. Die Chancen dafür scheinen nicht schlecht zu stehen.
Vorübergehend weiter schwieriges Fahrwasser
Kurzfristig hat PATRIZIA jedoch noch Reorganisationsbelastungen zu verdauen. Auch für 2024 bleibt der Vorstand folglich noch sehr verhaltend. Dies geht soweit, dass nun sogar die 2018 gestartete Dividendenhistorie im Feuer steht. Angekündigt ist eine Umstellung der Dividendenpolitik. Zu einer Null soll es zwar nicht kommen, es deutet jedoch viel auf eine Dividendenkürzung hin.
Aktionäre bei PATRIZIA benötigen weiter Durchhaltevermögen. Angesichts der komfortablen finanziellen Ausstattung fällt dies jedoch leichter als bei vielen anderen überschuldeten Immobilienunternehmen. Sobald der Immobilienmarkt sich erholt, könnten die Augsburger stark überproportional profitieren. Die Aktie bleibt eine der spannendsten Immobilienaktien am deutschen Börsenparkett.
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Allgemein
Die PATRIZIA SE zählt mit 58 Mrd. € AuM zu den weltweit größten unabhängigen Investmenthäusern für Immobilien und Infrastruktur mit rund 1.000 Mitarbeitern an 24 Standorten. Zu den Kunden zählen Staats- und Pensionsfonds, Versicherer, Banken, Family Offices sowie Privatkunden.
Vor dem Börsengang in 2006 hatte PATRIZIA bereits Dividenden ausgeschüttet. Neu aufgenommen wurde dies erst wieder 2018. Seitdem erfolgt jedes Jahr eine kleine Erhöhung.
Aktionärsstruktur
Wolfgang Egger hält mit 52 % die Mehrheit. Bemerkenswert ist, dass neben der Union I. die Allianz nicht mittels eines Investmentfonds, sondern selbst als Konzern engagiert ist. Laut dem Unternehmen liegt mit 24 % der Großteil des Streubesitzes bei institutionellen Anlegern. Auf Privatanleger entfallen lediglich 6 %.
Corporate-Governance-Score
Die Analyse der Unternehmensführung ist eng orientiert an den Abstimmungsrichtlinien der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, eine der größten Aktionärsvereinigungen in Deutschland. Bewertet wird die Fachlichkeit, Unabhängigkeit und Angemessenheit von Vorstand, Aufsichtsrat & Statut. Ausgehend von 24 Punkten gibt es je Mängel einen Punkt Abzug. Daraus ergibt sich folgendes Punktesystem:
a) Statuten
Unter Statuten werden strukturelle Aspekte bewertet, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und bei denen das Mana-gement nur mittels HV-Beschlussvorschlag auf eine Veränderung hinwirken kann.
Mit einer Notierung im SDAX, nur einer Aktiengattung sowie keinen Sonderrechten für einzelne Aktionäre erfüllt die PATRIZIA SE die meisten der Kriterien. Zwei Punkte Abzug gibt es für die Rechtsform der SE und das damit verbundene monistische Führungssystem. Im Rahmen der Umfirmierung wurde das dualistische Modell einer Machtteilung zwischen Vorstand und Aufsichtsrat eingestampft. Hintergrund war die Umgehung der Cooling-off-Periode für Egger
sowie eine konzentriertere Macht für diesen.
b) Geschäftsführende Direktoren
Fachlichkeit. Die geschäftsführenden Direktoren wurden jüngst einmal komplett neu zusammengewürfelt. Kurzfristig ist geplant, dass Egger das Zepter an Dr. Wöhrmann abgibt. Als ehemaliger Leiter der Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank und Ex-CEO der DWS spielt Dr. Wöhrmann fachlich in der Champions League. Auf der anderen Seite ist der neue CEO bei der DWS im Zuge des Greenwashing-Skandals ordentlich unter die Räder gekommen, was letztlich auch zu seiner Kündigung geführt hat. Konkrete persönliche Verfehlungen sind aber nur schwer auszumachen.
Unabhängigkeit. Stand Mai 2023 fungiert Wolfgang Egger noch sowohl als geschäftsführender Direktor als auch Mitglied des Verwaltungsrats. Dem soll kurzfristig mit der Nachfolge in Persona Dr. Wöhrmann Abhilfe geschaffen werden. Die Stand jetzt noch eingeschränkte Unabhängigkeit wird beim Verwaltungsrat berücksichtigt. Weitere die Unabhängigkeit einschränkende Handlungen des Führungsgremiums sind nicht bekannt.
Angemessenheit. Die Berichterstattung und Kommunikation des Vorstands ist seit Jahren auf einem guten Niveau. Positiv hervorzuheben ist zudem die sehr intensive Arbeit des vierköpfigen IR-Teams. Es werden beispielweise regelmäßig Unternehmenspräsentation inklusive Fragenbeantwortung durchgeführt. Auch die Kapitalallokation ist exzellent. Seit 2018 wurde wieder mit Dividendenzahlungen begonnen und seitdem die Dividende jedes Jahr erhöht. Klares Ziel ist es, ein Dividendenaristokrat zu werden. Ferner werden ergänzend voluminöse Aktienrückkäufe getätigt. Aktuell hält der Konzern 7,4 % der eigenen Aktien im Bestand. Die Verwendung soll sowohl im Rahmen von Kaufpreiszahlungen bei Übernahmen als auch zur Einziehung verwendet werden.
c) Verwaltungsrat
Fachlichkeit. Die notwendige Expertise im Verwaltungsrat ist vorhanden. Die Mitglieder bringen eine gute Mischung aus Erfahrungen in den Bereichen Asset Management sowie Technologie mit sich. Die Größe scheint für ein SDAX-Unternehmen wie PATRIZIA stimmig und es gibt keinen einzigen Fall von Overboarding.
Unabhängigkeit. Die Unabhängigkeit ist in Persona Wolfgang Egger doppelt eingeschränkt. Zum einen fungiert der Großaktionär noch als geschäftsführender Direktor, zum anderen wird durch das monistische Führungssystem die Cooling-off-Periode ausgehebelt.
Angemessenheit. Über die angeführten Kritikpunkte hinaus wurde die Corporate Governance zuletzt deutlich verbessert. Der lang-jährige Abschlussprüfer wurde ausgetauscht und das Vergütungs-system für den Verwaltungsrat angemessen angepasst. Nur das für die geschäftsführenden Direktoren weist noch Mängel auf.
d) Fazit
Quellen
Haftungsausschluss
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Autor: Paul Petzelberger.
Transparenzhinweis: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels hält der Autor Aktien der PATRIZIA SE. Die SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger hält ebenfalls PATRIZIA-Aktien.