
25 Jan. AUTO1 Group SE Score 04/2023
Corporate-Governance-Score
Die Analyse der Unternehmensführung ist eng orientiert an den Abstimmungsrichtlinien der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, eine der größten Aktionärsvereinigungen in Deutschland. Bewertet wird die Fachlichkeit, Unabhängigkeit und Angemessenheit von Vorstand, Aufsichtsrat & Statut. Ausgehend von 24 Punkten gibt es je Mängel einen Punkt Abzug. Daraus ergibt sich folgendes Punktesystem:
a) Statuten
Unter Statuten werden strukturelle Aspekte bewertet, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und bei denen das Mana-gement nur mittels HV-Beschlussvorschlag auf eine Veränderung hinwirken kann.
Als ein im SDAX gelistetes Unternehmen mit einem klassisch dualistischen Führungssystem, nur einer Aktiengattung und keinen satzungsverankerten Sonderrechten für einzelne Aktionäre erfüllt die Auto1 SE die meisten Kriterien.
Einen Punkt Abzug gibt es für die Rechtform einer SE, bei der das Missbrauchspotenzial deutlich höher ist, beispielsweise durch die gegebenen Wahlmöglichkeiten bei Firmensitz und Führungssystem. Ferner wird negativ die Rolle von Gründer und Großaktionär Hakan Koç im Zusammenhang mit den Rechtsstreitig-keiten mit Bensen Safa berücksichtigt.
b) Vorstand
Fachlichkeit. Der Vorstand ist mit zwei Mitgliedern schlank und effizient aufgestellt. Es ist positiv, dass Gründer und CEO Christian Bertermann mit CFO Markus Boser ein erfahrener außenstehender Finanzvorstand an die Seite gestellt wurde. Große Fragezeichen wirft der aufgeblähte Kostenapparat auf. Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen lagen 2022 bei 384 Mio. Euro. Angesichts der darunter befindlichen hohen Marketingkosten von rund 200 Mio. Euro stellt sich seit Jahren die Frage nach der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells. Zudem sind in 2022 die sonstigen Aufwendungen um 70 % auf 63 Mio. Euro angestiegen, ohne nähere Aufschlüsselung und Herleitung dieser.
Unabhängigkeit. Der im Nachgang zum Börsengang bis heute eingesetzte Kursverfall wirft erhebliche Zweifel an denen zum Zeitpunkt des IPOs gemachten Darstellungen der Geschäfts-perspektiven auf. Einzige Gewinner waren und sind die Manager und Großaktionäre, welche den IPO genutzt haben, um großvolumig Kasse zu machen. Kritisch gesehen wird ferner der von Intransparenz geprägte Umgang rund um die Geschäftsbeziehungen zu Bensen Safa.
Angemessenheit. Die Berichterstattung ist sehr intransparent. So wird auf Quartalsbasis lediglich auf verkürzte Geschäftszahlen abgestellt und durch Hervorhebung von stark bereinigten Kennzahlen eine florierende Gewinnentwicklung suggeriert. Auf Basis des Jahresabschlusses 2022 liegen allein die sonstigen betrieblichen Aufwendungen bei 384 Mio. Euro und wecken damit bis heute Zweifel an der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells. Von denen zum IPO eingesammelten rund 1 Mrd. Euro ist Stand heute kaum mehr etwas übrig. Die Mittelverwendung muss hinterfragt werden.
c) Aufsichtsrat
Fachlichkeit. Kompetenzprofil und Ziele der Zusammensetzung des Aufsichtsrats sind stimmig. Es fehlen jedoch veröffentlichte Lebensläufe mit den gesetzlichen Angaben zu anderweitigen Mandaten, weswegen die zeitliche Verfügbarkeit sowie auch im nächsten Punkt die Unabhängigkeit nicht gesichert bewertet werden kann.
Unabhängigkeit. Auch mit Blick auf den Aufsichtsrat wird die intransparente Umgangsweise mit den Rechtsstreitigkeiten mit Bensen Safa moniert. In den Jahresabschlüssen 2020 und 2021 wurden die Rechtsstreitigkeiten mit der ehemaligen Beteiligungs-gesellschaft Auto1 FT GmbH bereits nur einsilbig erwähnt, im Abschluss 2022 schon gar nicht mehr. Neuigkeiten, unter anderem auch zu Strafanzeigen gegen ehemaliger Manager, müssen die Aktionäre den öffentlichen Medien entnehmen. Die Unabhängigkeit von KPMG als Abschlussprüfer ist durch voluminöse Nicht-Prüfungsleistungen eingeschränkt.
Angemessenheit. Die intransparente Berichterstattung macht auch vor dem Thema Vergütungssystem kein Halt. Im Abschluss werden die Honorare für die Aufsichtsratsmitglieder nicht benannt. Das beschlossene Vergütungssystem für den Aufsichtsrat weist nominal zu hohe Vergütungssätze sowie die Verankerung von Sitzungsgeldern auf. Kritisch ist zudem die nachträgliche Anpassung des Optionsprogramms für die Vorstandsmitglieder. Das Risiko von Kursveränderungen ist bei Optionsprogrammen als variabler Vergütung wesensbildend und darf nicht ausgeschlossen werden.
d) Fazit
Zu den SdK-Abstimmungsverhalten