
15 Apr. Bilfinger SE Score 03/2024
Corporate-Governance-Score
Die Analyse der Unternehmensführung ist eng orientiert an den Abstimmungsrichtlinien der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, eine der größten Aktionärsvereinigungen in Deutschland. Bewertet wird die Fachlichkeit, Unabhängigkeit und Angemessenheit von Vorstand, Aufsichtsrat & Statut. Ausgehend von 24 Punkten gibt es je Mängel einen Punkt Abzug. Daraus ergibt sich folgendes Punktesystem:
a) Statuten
Unter Statuten werden strukturelle Aspekte bewertet, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und bei denen das Mana-gement nur mittels HV-Beschlussvorschlag auf eine Veränderung hinwirken kann.
Als ein im SDAX gelistetes Unternehmen mit nur einer Aktiengattung, einem dualistischen Führungssystem und keinen satzungsver-ankerten Sonderrechten für einzelne Aktionäre erfüllt die Bilfinger SE die meisten Kriterien. Einen Punkt Abzug gibt es für die Rechtsform einer SE, bei der das Missbrauchspotenzial deutlich höher ist als wie bei einer klassischen AG, beispielsweise durch die gegebenen Wahl-
möglichkeiten bei Firmensitz und Führungssystem.
b) Vorstand
Fachlichkeit. Der Vorstand ist mit zwei Mitgliedern schlank und effizient aufgestellt. CFO Matti Jäkel ist bereits seit 35 Jahren im Unternehmen. Der Kostenapparat bei Bilfinger war in der Vergangenheit sehr aufgebläht. Das 2022 initiierte Sparpaket hat in 2023 jedoch Früchte getragen, die sonstigen betrieblichen Aufwendungen konnten signifikant von 85,9 Mio. Euro auf 12,4 Mio. Euro gesenkt werden. Der Punktabzug des Vorjahres kann vorerst aufgehoben werden.
Unabhängigkeit. Es sind keine Abhängigkeiten zum Großaktionär Cevian Capital (27,39 %) bekannt. Auch in den Handlungen des Vorstands sind solcherlei nicht erkennbar. Die mannigfaltigen Rechtsstreitigkeiten früherer Jahre ebben unter dem neuen Vorstand fühlbar ab.
Angemessenheit. Die Berichterstattung ist grundsätzlich von einer hohen Transparenz gekennzeichnet. Negativ berücksichtigt wird jedoch die in 2024 erneut nur virtuell stattfindende Hauptversammlung, durch welche die Ausübung der Aktionärsreche und damit auch die Transparenz eingeschränkt ist.
Die für 2023 vorgeschlagene Ausschüttungssumme von 67 Mio. Euro stellt in Bezug zum Konzernjahresüberschuss eine Ausschüttungsquote von 37 % dar und liegt damit leicht unterhalb der von der SdK empfohlenen Bandbreite zwischen 40 und 60 %. Es ist anzumerken, dass Bilfinger defacto den gesamten Bilanzgewinn ausschüttet und eine höhere Dividende folglich nicht möglich ist.
Das Testat vom Abschlussprüfer PwC ist uneingeschränkt.
c) Aufsichtsrat
Fachlichkeit. Der Aufsichtsrat verfügt über ein stimmiges Kompetenzprofil sowie Zusammensetzung. Es liegt in Persona Dr. Bettina Volkens nur ein einziger Fall von Ämterüberhäufung vor, aber auch in diesem einzigen Fall in nicht sehr ausgeprägter Art.
Unabhängigkeit. Großaktionär Cevian ist im Aufsichtsrat mit dem Aufsichtsratsvorsitzenden Dr. Eckhard Cordes sowie einfachen Mitglied Robert Schuchna vertreten. Dies stellt eine angemessene Repräsentation des Cevian-Anteilbesitzes dar. Darüber hinaus gibt es kein unverhältnismäßiges Eingreifen des Großaktionärs.
Die die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers PwC einschränkende Faktoren sind nicht bekannt.
Angemessenheit. Zahlreiche und wesentliche Elemente der Vorstandsvergütung entsprechen zwar den Leitlinien der SdK, aber das Verhältnis zwischen kurzfristig variabler Vergütung und langfristig variabler Vergütung ist mit 45,45 zu 54,50 zugunsten der kurzfristigen variablen Vergütung zu hoch. Außerdem ist nicht klar, ob mit dem sog. Sing-On-Bonus nur der Verlust von Vergütungsanwartschaften beim vorherigen Arbeitgeber kompensiert wird oder ob dieser Sign-On-Bonus auch unabhängig von Nachteilen gewährt werden kann respektive welche Nachteile mit einem solchen Bonus abgegolten werden können, beispielsweise auch entgangene zukünftige Vergütung beim alten Arbeitgeber. Reine Antrittsprämien, die keine Kompensationswirkung bezüglich erdienter Rechtspositionen oder Anwartschaften haben, werden kritisch gesehen.
Auch die mit 40 % relativ hohe Gewichtung eines relativen TSR wird moniert. Gefordert werden keine relativen Kriterien, sondern absolute TSR-Kritierien. Auch scheint bei der Langfristkomponente ein TSR-Kriterium insgesamt zu fehlen; die sog. Cash-conversion-rate, die als Quotient aus Free-Cash-Flow und EBITA definiert ist, scheint keine TSR-Komponente zu sein, da der Free-Cash-Flow keine Erfolgs-/Ertragsgröße, sondern eine Liquiditätsgröße ist. Besser wäre es, eine gesonderte Liquiditäts- und Ertragsgröße zu formulieren. Auch ist nicht zweifelsfrei, das anlässlich eines Change-of-control keine Abfindungen bezahlt werden werden. Solche werden nach dem Vergütungssystem lediglich nicht zugesagt, was aber eine Zahlung per se nicht ausschließt.
d) Fazit
Zu den SdK-Abstimmungsverhalten