
15 Apr. Münchener Rück AG Score 03/2024
Corporate-Governance-Score
Die Analyse der Unternehmensführung ist eng orientiert an den Abstimmungsrichtlinien der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, eine der größten Aktionärsvereinigungen in Deutschland. Bewertet wird die Fachlichkeit, Unabhängigkeit und Angemessenheit von Vorstand, Aufsichtsrat & Statut. Ausgehend von 24 Punkten gibt es je Mängel einen Punkt Abzug. Daraus ergibt sich folgendes Punktesystem:
a) Statuten
Unter Statuten werden strukturelle Aspekte bewertet, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und bei denen das Mana-gement nur mittels HV-Beschlussvorschlag auf eine Veränderung hinwirken kann.
Als klassische AG mit dualistischen Führungssystem und Notierung im höchsten Börsenindex DAX erfüllt die Münchener Rück AG alle Kriterien. Es sind keine Großaktionäre mit Anteilen von über 5 % bekannt und es bestehen satzungsverankert auch keine Sonderrechte für einzelne Aktionäre.
b) Vorstand
Fachlichkeit. Die einzelnen Vorstandsmitglieder verfügen über qualifizierte Kompetenzprofile. Die Zusammensetzung ist jedoch mit Blick auf die Kompetenzverteilung nicht stimmig, so wird zwischen segment- und geografisch-bezogener Zuteilung variiert, was Kompetenzüberschneidungen bedingt und die Verantwortlichkeiten zumindest nach Außen hin nicht klar regelt. Beim Kostenapparat, innerhalb der sonstigen operativen Aufwendungen gebündelten Verwaltungskosten, lässt der Vorstand die Aktionäre im Dunkeln tappen. Es werden keinerlei Aufschlüsselungen vorgenommen, auch nicht bei den für die Bewertung der Eigenständigkeit des Vorstands relevanten Rechts- und Beratungskosten.
Unabhängigkeit. Es sind mit Blick auf die Vorstandsmitglieder keine Abhängigkeiten bekannt, weder auf dem Papier noch sich in partikulär gesteuerten Handeln ausdrückend. Auch bestehen keine Rechtsverfahren gegen die Vorstände.
Angemessenheit. Neben der Kostentransparenz ist auch die Segmenttransparenz zu niedrig. Es werden den Aktionären zu wenig Informationen zu dem Versicherungsvolumen samt Umsatz- und Ergebniszahlen wichtiger Geschäftsbereiche, wie dem Segment Global Specialty Insurance, verwehrt. Ein Dasein als Mauerblümchen fristet auch weiterhin die MEAG, konkretere – sowie dann auch inhaltlich ambitioniertere – Angaben sind wünschenswert.
Die Kapitalallokation ist seit Jahren exzellent. Die von Vorstand und Aufsichtsrat vorgeschlagene Rekord-Dividende für 2023 von 15 Euro je Aktie (2,0 Mrd. Euro Dividendensumme) stellt gemessen am Konzernjahresüberschuss von 4,6 Mrd. Euro eine Ausschüttungsquote von knapp 44 % dar und liegt damit innerhalb der von der SdK grundsätzlich empfohlenen Bandbreite einer Quote zwischen 40 und 60 %. Trotz am unteren Rande der Bandbreite stellen die 15 Euro eine Erhöhung von 29 % im Vergleich zum Vorjahr dar (11,6 Euro). Die überschüssige Liquidität wird mittels Aktienrückkäufen an die Aktionäre zurückgeführt. Diese Kombination bietet Münchener Rück eine hohe Flexibilität, die Kontinuität der stetig steigenden Dividende auch in Jahren von Sonderbelastungen durch Großschäden beibehalten zu können.
Zusammenfassend lässt sich zur Arbeit des Vorstands sagen, dass diese in 2023 erneut exzellente Ergebnisse beschert hat. Die kurz- sowie mittelfristigen Ziele konnten teilweise um ein Vielfaches übertroffen werden. Die 2021 verabschiedete Mittelfristprognose sah unter anderem vor, den Gewinn und die Dividende je Aktie jährlich durchschnittlich um 5 % zu steigern, Stand 2024 steht eine jährliche Steigerung beim Gewinn von 20 % und bei der Dividende von 15 % zu Buche. Auch der Kapitalmarkt honorierte dies in 2023 ergänzend zu der Dividendenrendite von knapp 4 % mit einem Kursanstieg von 23 %. Im Wettbewerbsvergleich sticht Münchener Rück ebenfalls besonders hervor, kein anderer der acht führenden europäischen Rück- und Erstversicherer hat gemessen an Kurssteigerungen und Dividenden seit 2020 mehr Wert für seine Aktionäre geschaffen.
c) Aufsichtsrat
Fachlichkeit. Der Aufsichtsrat ist hochkarätig mit Vorständen, Unternehmern und Rechtsanwälten besetzt. Die Kompetenzprofile sind sowohl einzeln betrachtet als auch in der Gesamtschau des Gremiums stimmig. Es gibt keinen einzigen Fall einer Ämterüberhäufung.
Unabhängigkeit. Es sind keine Abhängigkeiten zu einzelnen Aktionären sowie auch keine die Unabhängigkeit einschränkenden nahestehenden Geschäfte bekannt. EY erbricht zwar Nicht-Prüfungsleistungen in noch tragbaren Umfang, erfüllt aber nach Ansicht der SdK nicht mehr die fachliche Voraussetzung für ein Abschlussprüfermandat. Die bei Wirecard festgestellten Mängel und das hierzu von EY kommunizierte Selbstverständnis lassen nach wie vor befürchten, dass es sich um ein Prüfungsverständnis und eine Prüfungspraxis handelt, bei dem die SdK die Prüfungsqualität – abseits der Qualität und Integrität der jeweiligen Prüfer – nicht mehr als gewährleistet ansieht. Diese Einschätzung wird nach Auffassung der SdK durch den Wambach-Report gestützt. Beschämend ist weiterhin die Inszenierung von EY als Opfer und Aufklärer eines der größten Betrugsskandale in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschlands. Zumindest ist dem Prüfungsausschuss zu Gute zu halten, dass für die Abschlussprüfung ab 2026 eine Ausschreibung initiiert wurde.
Angemessenheit. Die Qualität der gelebten sowie verankerten Unternehmensführung und Transparenz des Aufsichtsrats von Münchener Rück zählt im DAX-Vergleich zu den besten seiner Art. Der Aufsichtsratsbericht ist ausführlich und aussagekräftig, es wird ein detaillierter Einblick in die profunde Arbeit des Kontrollgremium und seiner Ausschüsse gewährt. Es liegt kein einziger Fall einer Ämterüberhäufung vor, die Teilnahmequote an den sechs Sitzungen im Plenum lag 2023 bei 100 %.
Die Vergütungssysteme sind strukturell und nominell im Großen und Ganzen angemessen. Bei der Aufsichtsratsvergütung setzt Münchener Rück im Vergleich zu anderen DAX-Unternehmen auf eine vergleichsweise niedrigere Grundvergütung gepaart mit einer vergleichsweise höheren Ausschussvergütung, was positiv gewürdigt wird. Überholt, und bereits in seiner grundsätzlichen Anreiz-Stoßrichtung fehlgeleitet, ist die Verankerung von Sitzungsgeldern, im vorliegenden Fall sogar bei virtueller Sitzungsteilnahme, dafür aber mit 1.000 Euro / Sitzung im Quervergleich der Höhe nach noch relativ moderat ausgestaltet. Bei einer Grundvergütung von 120 TEUR sollte die Teilnahme an den Sitzungen eine Selbstverständlichkeit darstellen, eine Abweichung, insbesondere wenn mehrmals vorkommend, anstatt einer etwas geringeren Mehrvergütung, das Ausscheiden aus dem Gremium bewirken. In der Gesamtschau ist das Vergütungssystem jedoch zustimmungswürdig.
d) Fazit
Zu den SdK-Abstimmungsverhalten