
03 Apr. IONOS Group SE Score 04/2023
Corporate-Governance-Score
Die Analyse der Unternehmensführung ist eng orientiert an den Abstimmungsrichtlinien der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, eine der größten Aktionärsvereinigungen in Deutschland. Bewertet wird die Fachlichkeit, Unabhängigkeit und Angemessenheit von Vorstand, Aufsichtsrat & Statut. Ausgehend von 24 Punkten gibt es je Mängel einen Punkt Abzug. Daraus ergibt sich folgendes Punktesystem:
a) Statuten
Unter Statuten werden strukturelle Aspekte bewertet, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und bei denen das Mana-gement nur mittels HV-Beschlussvorschlag auf eine Veränderung hinwirken kann.
Als ein im SDAX gelistetes Unternehmen mit nur einer Aktiengattung, einem dualistischen Führungssystem sowie keinen Sonderrechten für einzelne Aktionäre erfüllt IONOS die meisten Kriterien. Einen Punkt Abzug gibt es für die Rechtsform der SE, bei der das Missbrauchs-potenzial höher als wie bei der klassischen AG ist, bspw. durch die
gegebenen Wahlmöglichkeiten bei Firmensitz und Führungssystem.
b) Vorstand
Fachlichkeit. Der Vorstand ist mit CEO Achim Weiß, CFO Britta Schmidt und COO Dr. Jens Reich kompetent besetzt, die Verantwortlichkeiten klar verteilt. Auch die zweite Managementebene wird transparent ausgewiesen und passt in das Gesamtbild.
Die Verwaltungskosten erhöhten sich proportional zu den Gesamtumsätzen von 77 Mio. Euro im Vorjahr (7 % von den Gesamtumsätzen) auf 88 Mio. Euro (6,8 % von den Gesamtumsätzen) unter anderem infolge des gestiegenen Personalaufwands sowie durch den Anstieg der Rechts- und Beratungskosten bedingt durch die IPO-Vorbereitungen von 5,2 auf 11,4 Mio. Euro. Für ein SDAX-Konzern in der Größe von IONOS zeigen sich dabei keine Unstimmigkeiten.
Unabhängigkeit. Es sind mit Blick auf die Vorstandsmitglieder keine Abhängigkeiten bekannt, weder auf dem Papier noch sich in partikulär gesteuerten Handeln ausdrückend. Auch sind die Vorstände in keine Rechtsverfahren verwickelt. Wichtig wird es in 2023 zu verfolgen, wie dem Management im Zuge des Börsengangs die Entflechtung und Verselbstständigung vom Mutterkonzern United Internet gelingt.
Angemessenheit. Die erste Berichterstattung nach IPO ist noch etwas dünn, die gesetzlichen Anforderungen werden aber erfüllt. Das Testat des Abschlussprüfers wurde uneingeschränkt erteilt. Die Kapitalallokation muss erst noch bewertet werden.
c) Aufsichtsrat
Fachlichkeit. Die Kompetenzprofile der einzelnen Aufsichtsrats-mitglieder ergänzen sich gut, wenngleich aktien- und aufsichts-rechtliche Expertise recht dünn vertreten ist. Darauf gilt es in Zukunft ein Auge zu haben. Sowohl beim Aufsichtsratsvorsitzenden Ralph Dommermuth als auch beim Aufsichtsratsmitglied Kurt Dobitsch liegen Ämterüberhäufungen vor.
Unabhängigkeit. Der Aufsichtsrat ist fast ausschließlich mit alten United Internet-Weggefährten besetzt. Ausnahme davon ist lediglich René Obermann als Geschäftsführer von Warbus Pincus und Vanessa Stützle, die als einziges Mitglied vollkommen als unabhängig eingestuft werden kann. Zwar liegt der Streubesitz formal auch nicht höher als
15 %, grundsätzlich sind aber mindestens zwei unabhängige Aufsichtsratsmitglieder in einem SDAX-Aufsichtsrat zu erwarten.
Erstmalig nach IPO wird PwC als Abschlussprüfer vorgeschlagen, es gibt keine Bedenken hinsichtlich der fachlichen Eignung.
Angemessenheit. Die Struktur des Vergütungssystems für den Vorstand ist in den Grundzügen stimmig konzipiert, aber die mögliche Vergütung des CEO ist nicht akzeptabel. CEO Weiß kann aus dem langfristigen Incentive Programm innerhalb von mehreren Jahren bis zu 80 Mio. Euro verdienen. Die Basis ist eine Verdopplung des Aktienkurses (Basis IPO Preis 18,50 Euro) und dagegen ist nichts einzuwenden. Allerdings ist die absolute Höhe in keiner Weise angemessen. In der Begründung heißt es, „Achim Weiß… den Grundstein für die Ionos Gruppe in der heutigen Form gelegt hat… und darüber hinaus besitzt … unvergleichliches know-how “. Die historischen Dienste sind sicher zu würdigen, hätten jedoch von den Alt-Aktionären vor dem IPO vergütet werden müssen (schlägt sich immerhin auch im IPO Preis nieder) und dürfen nicht den neuen Aktionären auferlegt werden. Für sein Know-how, das in keinster Weise in Frage gestellt werden soll, sind aber 80 Mio. Euro, speziell auch im Verhältnis der Größe des Unternehmens, nicht nachvollziehbar.
d) Fazit
Zu den SdK-Abstimmungsverhalten