
15 Feb. BayWa AG Score 04/2023
Corporate-Governance-Score
Die Analyse der Unternehmensführung ist eng orientiert an den Abstimmungsrichtlinien der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, eine der größten Aktionärsvereinigungen in Deutschland. Bewertet wird die Fachlichkeit, Unabhängigkeit und Angemessenheit von Vorstand, Aufsichtsrat & Statut. Ausgehend von 24 Punkten gibt es je Mängel einen Punkt Abzug. Daraus ergibt sich folgendes Punktesystem:
a) Statuten
Unter Statuten werden strukturelle Aspekte bewertet, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und bei denen das Mana-gement nur mittels HV-Beschlussvorschlag auf eine Veränderung hinwirken kann.
Als klassische Aktiengesellschaft mit dualistischen Führungssystem und Notierung im SDAX erfüllt die BayWa AG die meisten Kriterien. Ein struktureller Makel ist, dass neben der Aktiengattung DE0005194062 mit 34.619.138 Aktien noch die mit 1.243.251 Aktien sehr illiquide Gattung DE0005194005 besteht. Aufgrund des ohnehin geringen Streubesitzes ist zu kritisieren, dass bisher noch keine Zusammenlegung initiiert wurde. Für Privatanleger bietet sich die liquidere und günstigere DE0005194062 an, obgleich die Vinkulierung kritisch zu sehen ist.
b) Vorstand
Fachlichkeit. Die Kompetenzverteilung im Vorstand ist nicht nachvollziehbar. Laut Homepage verantwortet CEO Pöllinger alle operativen Segmente. Bei Marlen Wienert werden die Verant-wortungsbereiche Agrar & Technik angegeben, obgleich diese bereits beim CEO ausgewiesen sind. Noch fragwürdiger ist die Vorstands-personalie Reinhard Wolf, CEO und Generaldirektor der strategisch nicht relevanten 50 %-Konzerntochter RWA. Hier handelt es sich um eine unnötige Ämterhäufung, gespickt mit zahlreichen Interessens-konflikten. Hinzu kommt auch noch ein aufgeblähter Kostenapparat. Die sonstigen betrieblichen Aufwendungen liegen in Milliardenhöhe und sind weitgehend nicht nachvollziehbar, unter anderem auch die Rechts- und Beratungskosten in Höhe von 77 Mio. €.
Unabhängigkeit. Durch die Personalie Reinhard Wolf als zugleich Vertreter eines Großaktionärs muss auch in Sachen Unabhängigkeit ein Punkt abgezogen werden. Ansonsten scheint der Vorstand jedoch im Großen und Ganzen im Sinne aller Aktionäre zu agieren. Auch sind keine laufenden Verfahren, Prozesse oder Sonderprüfungen bekannt.
Angemessenheit. In Sachen Transparenz hapert es an vielen Stellen. Bestes Beispiel hierfür ist die BayWa r.e., bei der noch nicht einmal auf Nachfrage hin die genauen Wind- und Solarparks des Eigenbestands genannt werden. Das Konglomerat wird einem Trojanischen Pferd gleich zur Intransparenz genutzt.
An der Kapitalallokation gibt es hingegen nichts auszusetzen. In den letzten 15 Jahren wurden kluge Zukunftsinvestitionen zur Internationalisierung, Diversifizierung und zum Ausbau der BayWa r.e. getätigt. Trotz der Neuausrichtung hat sich die BayWa als Dividendenaristokrat behauptet. Das Testat vom Abschlussprüfer ist uneingeschränkt.
c) Aufsichtsrat
Fachlichkeit. Sieben der acht Anteilseignervertreter im Aufsichtsrat haben entweder zu viele Ämter, sind von einem Großaktionär abhängig oder haben bereits Amtsdauern von über zehn Jahren. Es besteht kein Kompetenzprofil und es wird sich mehrfach ohne unternehmensspezifische Gründe über Regelungen des DCGK hinweggesetzt.
Unabhängigkeit. Fast alle Mitglieder der Anteilseignerseite sind nicht unabhängig. Zudem wurde bereits angekündigt, dass der bisherige CEO Prof. Lutz nur wenige Monate nach Amtsniederlegung direkt in den Aufsichtsrat wechseln soll, was einen schweren Verstoß gegen die Cooling-of-Periode darstellt.
Angemessenheit. Das Vergütungssystem des Vorstands ist intransparent & unangemessen. Allein im letzten Jahr wurden
17,1 Mio. € gezahlt, davon nicht näher quantifizierte 6,7 Mio. € Abfindungsboni. Ferner ist die Anreizwirkung zu kurzfristig.
d) Fazit
Zu den SdK-Abstimmungsverhalten