
15 Feb. Aurelius Equity Opportunities SE & Co. KGaA Analyse
Investmentidee
Championsleague. Als einer der wenigen börsennotierten Private-Equity-Häuser hat Aurelius einen ausgezeichneten Track-Record. Beinahe aus dem Nichts wurde ein milliardenschweres Imperium aufgebaut. Aurelius gilt in Europa als eine der Top-Adressen für Private-Equity-Sondersituationen.
Unterbewertung. Aktuell liegt der NAV bei 37,39 Euro je Aktie und damit mehr als dreimal so hoch wie
der Börsenkurs. Für eine reine Holding ohne operatives Geschäft wäre dies bereits eine sehr große Diskrepanz. Aurelius hingegen hat jüngst den größten Exit der Firmengeschichte vollzogen.
Geldschwemme. Das Management beabsichtigt, für bis zu 80 Mio. Euro eigene Aktien zurückzukaufen. Daraus ergibt sich eine lukrative Sondersituation. Je günstiger Aurelius die Aktien zurückkauft, desto stärker steigt der NAV. Je teurer Aurelius die Aktien zurückkauft, desto stärker steigt der Kurs.
Vision
„Zuverlässiger Partner – „Good Home“ – für Mittelstand und Großkonzerne“
Aktienkurs in €
Unternehmensgeschichte
Ein großes McKinsey-Netzwerk (1995–1999)
Zwischen 1995 und 1999 kreuzen sich die Wege von Dr. Dirk Markus und Gert Purkert bei McKinsey. Doch bis zur Gründung von Aurelius soll noch einige Zeit verstreichen. Beide scheiden 1999 bei McKinsey aus und gehen zunächst getrennte Wege. Purkert gründet eine Investmentbank und verantwortet dort im Vorstand das hauseigene Beteiligungsportfolio.
Dr. Markus gründet hingegen mit zwei ehemaligen MyKinsey-Weggefährten die Mercateo AG. Nach dem Verkauf an E.ON schließt sich Dr. Markus mit dem „Firmenjäger“ Peter Löw zusammen und tritt dessen Beteiligungsfirma Arques Industries bei. Ende 2004 kommt es bereits wieder zur Trennung und Dr. Markus und Purkert starten ein neues gemeinsames Kapitel namens Aurelius
Gründung und erste Jahre (2006–2010)
Im März 2006 gründen Dr. Markus und Purkert die Aurelius AG und vollziehen nur wenige Monate später im Juni den Börsengang. Die Jahre bis 2010 sind vom Aufbau des Beteiligungsportfolios geprägt. Im Zuge der Finanzkrise schickt Aurelius eine Reihe von Unternehmen in die Insolvenz, baut dafür aber auch stark das Beteiligungsportfolio zu Discountpreisen aus und legt damit den Grundstein für den durchschlagenden Erfolg und Aufstieg zu einem großen Private-Equity-Haus.
Die Aurelius-Erfolgsgeschichte (2011–2016)
Ab 2011 nimmt die Aurelius-Geschichte an Fahrt auf. Es werden auch größere und werthaltigere Unternehmen übernommen und mittels sogenannter Add-on-Akquisitionen aufgepeppt. Aus dem Beteiligungsportfolio gehen immer größere und voluminösere Exits hervor. In diesem Zuge avanciert Aurelius zu einem stetigen Dividendenzahler. Insgesamt schüttet Aurelius seit Gründung bis heute 680 Mio. Euro an die Aktionäre aus.
Dividendensumme je Geschäftsjahr in Mio. Euro
Gleichzeitig lassen die Gründer ihren Anteilsbesitz mittels Kapitalerhöhungen – die letzte 2013 zu 20 Euro – verwässern und stoßen 2015 und 2016 auch massiv Aktien im Wert von 179 Mio. Euro ab, den Großteil zu Kursen über 50 Euro.
Anteilsbesitz Dr. Markus und Purkert gemeinsam in %
Um ihre Macht trotz sinkenden Anteilsbesitzes zu zementieren, initiieren die Gründer 2015 eine Umwandlung in die Rechtsform einer Co. KGaA – der Startschuss einer sich anbahnenden Vielzahl von Corporate-Governance-Mängeln.
Vor den Karren gespannt (2017–2020)
Sowohl im März 2017 als auch erneut im Januar 2020 nutzen Leerverkäufer die Intransparenz aus und treiben mit diversen Anschuldigungen den Aktienkurs in den Keller. Fast alle Anschuldigungen können von Aurelius zwar recht mühsam, aber dann doch eindeutig klar durch Worte und Taten widerlegt werden, doch die zahlreichen Mängel in der Unternehmensführung, welche die Shortattacken in ihrer Durchschlagskraft überhaupt ermöglicht haben, bleiben bestehen. Dazu gehören auch die sich immer weiter zuspitzenden Boni-Exzesse.
Geldabflüsse an amtierende
und ehemalige Vorstände in Mio. Euro
Die Missverstandenen (2021–2023)
Als Reaktion auf den Shortangriff 2017 konnte das Management mit Rekord-Exits und damit verbunden Rekorddividenden in 2017 und 2018 antworten. Auf die Anschuldigungen 2020 folgt jedoch die Corona-Krise und für Aurelius damit eine Phase der Stabilisierung und des günstigen Portfolioausbaus. Trotz der sich wie früher im Rahmen der Finanzkrise daraus mittelfristig wieder ergebenden erheblichen Geschäftschancen kann sich der Aktienkurs nicht nachhaltig erholen.
Die Gründer fühlen sich vom Kapitalmarkt immer mehr enttäuscht und missverstanden und treiben eine schon bis zur ersten Shortattacke 2017 reichende Entwicklung noch stärker voran: den Aufbau einer Aurelius-Gruppe außerhalb der börsennotierten Aurelius Equity Opportunities, verbunden mit einem Delisting.
Heute
Die Aurelius Equity Opportunities SE & Co. KGaA erwirbt und restrukturiert Unternehmen in Sondersituationen, dazu gehören harte Notfallsanierungen, aber auch Modernisierungen, ungelöste Nachfolgeregelungen und Konzernabspaltungen von strategisch nicht mehr relevanten Randaktivitäten.
Nach Kauf schickt Aurelius eine sogenannte „Task Force“ in die Unternehmen hinein, welche das Management übernimmt und Maßnahmenpakete initiiert. Mit zunehmenden Restrukturierungserfolgen zieht sich die Task Force zurück und es wird wieder ein externes Management platziert sowie ein Exit anvisiert.
Aktionärsstruktur

Geschäftstätigkeit
Das Geschäftsmodell hat Dr. Markus schon oft mit dem eines Krankenhauses für Unternehmen verglichen. Neue Patienten – sogenannte Plattformunternehmen – gelangen in das Krankenhaus. Dort werden die Patienten entweder zunächst in der Intensivstation von einer Schieflage gerettet oder kommen direkt in die Pflege.
Sozusagen als Reha-Maßnahme, um noch gestärkter hervorzugehen, werden Add-on-Akquisitionen durchgeführt. Seit 2021 gibt es zudem Co-Investments. In einem angebauten, Aurelius zu 29,40 % gehörenden Spezialkrankenhaus werden noch größere Unternehmen gekauft und behandelt.
Wie in jedem Krankenhaus ist die Arbeit erst dann erledigt, wenn der Patient gesundet und gestärkt das Krankenhaus verlässt – im Aurelius-Fachjargon ein „Exit“ durchgeführt wird. Der erzielte Gewinn wird dann wieder in neue kranke Unternehmen sowie lukrative Ergänzungskäufe reinvestiert.
Je nach makroökonomischem Umfeld variiert die Schwerpunktsetzung. In Krisenzeiten – wie 2007 bis 2008 oder 2020 bis 2021 – steht die Neuaufnahme von Plattformunternehmen im Fokus. In den Folgejahren liegt der Fokus dann primär auf der Intensiv- und Add-on-Pflege sowie als Ergebnis davon auf lukrativen Exits.
Bewertungsannahmen
Der Net Asset Value (NAV) ist bei Aurelius als Beteiligungsunternehmen die greifbarste Bewertungskennzahl. Dabei handelt es sich um eine Netto-Betrachtung, die als sehr konservativ bezeichnet werden kann. Zu erwartende Boni und Transaktionsgebühren werden bereits hypothetisch in Abzug gebracht.
Im ersten Halbjahr 2023 kletterte der NAV stark von 33,57 auf 38,43 Euro je Aktie. Laut dem Management basiert der Anstieg vor allem auf dem größten Exit der Firmengeschichte, der Veräußerung der Distrelec-Gruppe zu einem Equity Value von 200 Mio. Euro. Für das zweite Halbjahr zeigen sich gemischte Effekte.
Aktienverkauf (-26,88 Mio. Euro). Am 20. August verkaufte das Management 1,25 Mio. eigene Aktien zu 13,60 Euro je Aktie. Im Nachgang zur Hauptversammlung wurde der Kaufpreis auf 16,92 Euro korrigiert. Dennoch resultiert daraus ein negativer Effekt auf den NAV von nominal rund 26,88 Mio. Euro, sprich 1,03 Euro je Aktie. Durch diese umstrittene Aktion hat sich der NAV folglich auf 37,39 Euro je Aktie reduziert.
Aktienrückkäufe (+169 Mio. Euro). Das Management hat ein kurzfristiges Aktienrückkaufprogramm (ARP) von 6,6 Mio. Aktien angekündigt. Zurückgekauft zum aktuellen Kurs von 11,80 Euro würde der NAV um 6,19 Euro auf 43,59 Euro je Aktie ansteigen. Zu höheren Kursen würde der Effekt zwar geringer ausfallen, die Differenz hätten die Aktionäre jedoch als Kursgewinn im Depot stehen.
Fazit. Allein durch das kurzfristige ARP könnte der NAV bis Ende 2024 deutlich über 40 Euro je Aktie klettern. Dabei unberücksichtigt ist die weitere Entwicklung des Portfolios.
Corporate-Governance-Score
Die Analyse der Unternehmensführung ist eng orientiert an den Abstimmungsrichtlinien der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, eine der größten Aktionärsvereinigungen in Deutschland. Bewertet wird die Fachlichkeit, Unabhängigkeit und Angemessenheit von Vorstand, Aufsichtsrat & Statut. Ausgehend von 24 Punkten gibt es je Mängel einen Punkt Abzug. Daraus ergibt sich folgendes Punktesystem:
Statuten
Unter Statuten werden strukturelle Aspekte bewertet, die ihren Ursprung in der Vergangenheit haben und bei denen das Mana-gement nur mittels HV-Beschlussvorschlag auf eine Veränderung hinwirken kann.
Mit der Rechtsform einer KGaA sowie einem monistischen Führungssystem sind die Aktionärsrechte sowie die Kontrolle eingeschränkt. Weitere Punkte Abzug gibt es für das Sonderrecht für Gründer Dr. Markus in Form eines Entsendungsrechts für den Aufsichtsrat sowie für die Börsennotiz im einfachen Freiverkehr mit nur noch einem Mindestmaß an Transparenz. Ferner und folgend noch ausgeführt verfolgen die Gründer und Großaktionäre Dr. Markus
und Purkert seit Jahren ihre partikulären Interessen zulasten der Streubesitzaktionäre.
Geschäftsführende Direktoren
Fachlichkeit. Alle geschäftsführenden Direktoren weisen ein überzeugendes Kompetenzprofil auf, Täubl und Seemann viele Jahre als exzellente Task-Force-Manager in den eigenen Reihen, Schulze-Muth in den Bereichen Finanzen und Recht. Die Zusammensetzung kann jedoch nicht beurteilt werden, da der Aufgabenbereich von Seemann nicht bekannt ist. Ähnlich verhält es sich mit den externen Beratungskosten, zu denen Aurelius Auskünfte verweigert. Dies hat eine besondere Brisanz, da voluminöse Beratungshonorare auch an nahestehende Personen abfließen.
Unabhängigkeit. Richard Schulze-Muth gehört zu dem mit Markus verschwägerten SchulzeClan. Das jüngst vollzogene Delisting aus dem qualifizierten Freiverkehr weckt zudem große Zweifel, inwiefern Täubl und Seemann unabhängig im Sinne aller Aktionäre agieren. Laufende Ermittlungsverfahren sind nicht bekannt.
Angemessenheit. In Sachen Transparenz hat es bei Aurelius mit einer Börsennotiz lediglich im qualifizierten Freiverkehr schon immer gehapert. Mit dem nun vollzogenen Delisting sollen die Aktionäre jedoch auch dieses äußerst geringen Transparenzniveaus beraubt werden, dazu gehört die unterjährige Berichterstattung, die Abgabe von Directors Dealings und Ad-hoc-Mitteilungen, ein Wertpapierresearch, ein Finanzkalender sowie die Teilnahme an Analystenkonferenzen.
Auch mit Blick auf die Kapitalallokation haben die geschäftsführenden Direktoren innerhalb kürzester Zeit eine 180-Grad-Kehrtwende hingelegt. Noch im September 2022 kündigte Täubl für 2023 eine Dividende von mindestens 1,50 Euro je Aktie an. Keine sechs Monate später soll es nur noch eine Dividende von 0,50 Euro geben. Angesichts des Rekord-Exits von Distrelec ist eine Kürzung der Dividende nicht nachvollzieh-bar. Diese ist dank des Rekorderlöses auch ergänzend zu den geplanten Aktienrückkäufen in versproch-ener Höhe von 1,50 Euro locker stemmbar.
Gremien
Fachlichkeit. Das wichtigste Gremium bei Aurelius ist der Gesellschafterausschuss. Dieser hat nämlich die Rechte aus der
70-prozentigen Beteiligung an der Komplementärin in der Hauptversammlung dieser auszuüben. Sowohl die Mitglieder des Aufsichtsrats als auch des Gesellschafterausschusses bringen fachlich passende Expertise mit sich. Auch gibt es keinen einzigen Fall von Overboarding.
Unabhängigkeit. Stark eingeschränkt ist jedoch die Unabhängigkeit. Holger Schulze sitzt im Verwaltungsrat und wird folglich von seiner sowohl im Aufsichtsrat als auch im Gesellschafterausschuss vertretenen Ehefrau Maren Schulze kontrolliert, welche durch Innehaben beider Ämter den Sinn einer doppelten Kontrollstruktur auch noch selbst aushebelt. Der Vorsitzende des Gesellschafterausschusses Dirk Roesing sitzt sogar zugleich im Verwaltungsrat und kontrolliert sich selbst. Viele weitere Gremienmitglieder haben Bestelldauern von über 10 Jahren und stehen den Gründern sehr nahe. Obwohl die jüngsten Maßnahmen rund um das Delisting den Streubesitzaktionären erheblich schaden, tragen und befürworten die Gremien den Schritt.
Angemessenheit. In Sachen Transparenz wird ebenfalls abgeschottet. Über die Arbeit des Gesellschafterausschusses werden in den Hauptversammlungen sogar jegliche Auskünfte verweigert. Die Vergütungszahlungen an das Management sind ungedeckelt und in den letzten Jahren regelmäßig ausgeartet. Die Vergütungszahlungen für die Mitglieder der Gremien sind hingegen angemessen.
Fazit
Sonderkomplex Firmengeflecht
Bis 2010 verzichteten die Gründer vollständig auf eine variable Vergütung. Die Begründung hierfür war schlüssig wie konsequent. Mit den Jahren ließen sich die Gründer dann jedoch verwässern und stießen 2016 und 2017 voluminöse Aktienpakete ab. Der Anteilsbesitz sank von über 40 bis auf 15 % ab. Gleichzeitig stiegen die Vergütungszahlungen ins Unermessliche, wie auf Seite 3 dargestellt auf ein mittlerweile hohes zweistelliges Millionenniveau, 2017 sogar dreistellig.
Verglichen mit anderen Private-Equity-Unternehmen dürften die Zahlungen jedoch nicht ganz abwegig sein. Auf Anfrage schreibt Aurelius selbst, dass nach dem branchenüblichen Schema der „Carried Interest“ rund 20 bis 35 % der Portfoliodividenden sowie Exit-Erlöse dem Management zukommen. Großer Kritikpunkt ist hierbei jedoch die Intransparenz. Es ist nicht im Ansatz nachvollziehbar, wie sich die Zahlungsabflüsse konkret zusammensetzen. Besonders kritisch müssen in diesem Zusammenhang auch die sich seit Jahren immer mehr ausufernden Beratungshonorare an nahestehende Personen und Unternehmen betrachtet und hinterfragt werden.
Beratungshonorare in zweistelliger Millionenhöhe an Familienangehörige müssen plausibilisiert werden. Boni sollten anhand von Maximalschwellen gedeckelt werden. Dabei ist es gleichzeitig aber natürlich wichtig, dass Aurelius auch wettbewerbsfähig bleibt.
Firmengeflecht
Früher gab es nur eine einzige „Aurelius“-Gesellschaft, nämlich die börsennotierten Aurelius AG. Dies haben die Gründer in den letzten sieben Jahren sukzessive geändert. Um die 2016 in Aurelius Equity Opportunities (AEO) umbenannte Gesellschaft wurde ein weit verzweigtes Firmengeflecht mit weiteren Aurelius-Gesellschaften gewebt, was jedoch nahezu ausschließlich den Gründern gehört.
Neben Aktivitäten in den Bereichen Immobilien (AURELIUS Real Estate Opportunities) und Kredite (AURELIUS Debt Opportunities) gibt es auch die PrivateEquity-Gesellschaft AURELIUS Wachstumskapital. Diese fokussiert sich auf die Entwicklung profitabler Mittelstandsfirmen, was sich im Bereich der Add-on-Akquisitionen klar mit der Geschäftstätigkeit der AEO überschneidet. Es stellt sich die Frage, ob Gewinnverlagerung praktiziert und die AEO ausgehöhlt wird.
Sonderkomplex Aktienverkauf
Wie auf der Hauptversammlung am 20. September bekannt wurde, hat das Management am 23. August unerwartet 1,25 Mio. eigene Aktien an die Gesellschaft Aurelius Growth Investments S.à.r.l. zu nachträglich angepassten 16,92 Euro je Aktie veräußert. Auf Nachfragen hin wurde bestätigt, dass die Gesellschaft von einem Julian Raffael Markus, einem Sohn von Dr. Markus kontrolliert wird.
Als Beweggrund für den Verkauf wurden „strategische Gründe“ ins Feld geführt – eine nähere Bindung an die „Muttergesellschaft des Fonds“. Da Dr. Markus gemeinsam mit seiner Familie ohnehin bereits größter Einzelaktionär ist, erscheint die Begründung nicht nachvollziehbar. Besonders kritisch wird es mit Blick auf den weit unter dem NAV liegenden Kaufpreis.
Fairer Preis. Der NAV ist die offizielle Kennzahl, nach der das Management intern sowie extern berichtet und gemessen wird. Zum Zeitpunkt des Verkaufs bestand keinerlei Geldbedarf. Einzig und allein ein wertneutraler Verkauf der Aktien zum NAV je Aktie hätte eine Benachteiligung vermieden.
Einstandskurs. Der tatsächliche Einstandskurs der 1,25 Mio. Aktien liegt eigenen Berechnungen zufolge bei 20,91 Euro je Aktie. Bei einem Kaufpreis in dieser Höhe hätte zumindest in sich ein direkter Kursverlust vermieden werden können.
Letzter Rückkauf. Sogar der Durchschnittskurs der zuletzt zurückgekauften 1,25 Mio. Aktien liegt mit 18,23 Euro ein gutes Stück über dem jetzigen Kaufpreis. Grund hierfür ist, dass im Jahr 2023 lediglich 698.300 Aktien zurückgekauft wurden, die restlichen in 2022 zu deutlich höheren Kursen.
Aktueller Kaufpreis. Die nachträglich vereinbarten 16,92 Euro scheinen ein ganz willkürlich gefasster Kaufpreis je Aktie zu sein. Die einzige Rechtfertigung hat dieser Preis nur noch theoretisch im Vergleich zum Aktienkurs zum Zeitpunkt des Verkaufs. Doch mit dem vom Management selbst initiierten Delisting kann der Aktienkurs nicht mehr als repräsentativ für den Wert des Unternehmens angesehen werden. Eine Orientierung am NAV oder alternativ eine separate Unternehmensbewertung wäre unabdingbar gewesen.
Risiken / Kritik
Intransparenz. Der ganz große sich durch alles durchziehende rote Faden ist die Intransparenz – sowohl was die Firmenstruktur, die Vergütungszahlungen oder auch die Bewertung des Portfolios angeht. Dies macht Aurelius weitgehend zu einer Blackbox. Durch den Börsenrückzug sollen die Aktionäre nun sogar noch um das bisher bestehende Minimumniveau an Transparenz beraubt werden. Fortan soll nur noch einmal im Jahr mehr spärlich als ausführlich berichtet werden.
Delisting. Eines der akutesten Risiken geht mit den Unabwägbarkeiten des Börsenrückzugs einher. Vollzogen wurde bereits der Wechsel vom qualifizierten in den einfachen Freiverkehr. Bevor steht nun aber noch die Einstellung der Notiz an der Börse München. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird die Aktie anschließend noch an der Börse Hamburg gehandelt werden können. Eine Garantie dafür gibt es aber nicht und die Auswirkungen auf den Aktienkurs sind unkalkulierbar.
Giftpillen. Mit dem Börsenrückzug hat das Management bereits einen äußerst streubesitzfeindlichen Schritt getätigt. Es besteht die Gefahr, dass weitere Maßnahmen unternommen werden, um die Streubesitzaktionäre zu vergraulen. Wie der Fall GUB zeigt, bietet der deutsche Kapitalmarkt dafür leider ein großes Repertoire. Umso wichtiger ist eine Bündelung des Streubesitzes, um die Gründer und das Management im Zaum zu halten und zu bändigen.
Gewinnverlagerung. Eine dieser Giftpillen ist und könnte noch weiter die Thematik Gewinnverlagerung werden. Die Aurelius Wachstumskapital hat bereits ein Drittel so viele Task-Force-Manager wie die AEO und gräbt im Mittelstand augenscheinlich bereits das Geschäft von unten ab. Die Entwicklung der letzten sieben Jahre – der Aufbau einer Aurelius-Gruppe außerhalb der AEO – könnte mit unabsehbaren Schaden fortgesetzt und noch stärker vorangetrieben werden.
Krise. Das Private-Equity-Geschäft ist immer auch zyklisch, besonders im Fall von Aurelius mit Fokus auf Sondersituationen. Eine allgemeine und größere Wirtschafts- oder Finanzkrise könnte die sich überwiegend in Restrukturierung befindlichen Portfoliounternehmen deutlich stärker als andere Unternehmen treffen. Dieses Risiko wird durch die große Diversifikation im Portfolio jedoch ein wenig begrenzt. Zudem bieten Krisenzeiten immer wieder auch Chancen.
Kurz und knapp. Das Risiko bei einem Investment in die Aurelius-Aktie wird als überdurchschnittlich hoch eingestuft.
Chancen / Fazit
Unterbewertung. Einem Aktienkurs von derzeit 11,80 Euro steht ein NAV von über 37 Euro gegenüber.
Aktienrückkaufprogramm. Mit einem Volumen von 80 Mio. Euro beabsichtigt Aurelius mehr als 20 % der eigenen Aktien zurückzukaufen. Dies bewirkt eine lukrative Sondersituation: je tiefer die Aktien zurückgekauft werden können, desto stärker steigt der NAV. Je höher die Aktien zurückgekauft werden müssen, desto stärker steigt der Aktienkurs.
Erwerbsangebote. Mit den Aktienrückkäufen zusammenhängend steht die Möglichkeit von Erwerbsangeboten im Raum. Diese könnten in einem oder mehreren Schritten mit einem Aufschlag von bis zu 10 % durchgeführt werden und somit eine Art von Übernahmeangeboten darstellen. Dies würde größeren Aktionären den Ausstieg erleichtern sowie den Aktienkurs stützen und temporär absichern.
Marke und Reputation. Die mannigfaltigen Risiken können zumindest theoretisch ein wenig unter dem Gesichtspunkt Reputation eingegrenzt werden. Mit dem Aufbau der Aurelius-Gruppe haben sich die Gründer an die Marke Aurelius gebunden. Ein ganz großer Anlageskandal würde nicht nur die Reputation der Gründer, sondern auch ganz direkt den anderen Gruppenaktivitäten schaden.
Kontrolle an der Komplementärin. Bei der Rechtsform einer KGaA sind die Aktionäre zu Kommanditisten degradiert und die Eigentumsrechte folglich stark eingeschränkt. Im Fall Aurelius besteht jedoch die Besonderheit, dass die Gesellschaft selbst 70 % an der Komplementärin Aurelius Management SE hält. Daraus resultieren trotz KGaA diverse Einflussmöglichkeiten.
Großer Streubesitz. Offiziellen Angaben zufolge befinden sich 78 % der Anteile an der Gesellschaft im Streubesitz. Dies stimmt zuversichtlich, dass durch Organisation und Bündelung des Streubesitzes den Gründern effektiv Contra geboten und diese im Zaum gehalten werden können. Sollte dies immer mehr und klarer gelingen, würde dies auch dem Aktienkurs Erholung verschaffen.
Kurz und knapp. Der extreme Abschlag auf den NAV hat gute Gründe. Vor Bekanntgabe des Delistings notierte die Aktie bei um die 20 Euro – ein Abschlag von 40 % auf den damaligen NAV von 33,57 Euro. Dieses Verhältnis auf den derzeitigen NAV von 37,37 Euro angewandt, ergibt sich ohne Berücksichtigung etwaiger Aktienrückkäufe ein Aktienkurs von rund 22 Euro
Quellen / Haftungsausschluss
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Paul Petzelberger
Autor
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